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Familienforschung

Typischerweise setzt die Familienforschung, oder Genealogie bei der Rekonstruktion von Abstammungsverhältnissen an. Von einer bestimmten Person ausgehend, erforscht die Genealogie in aufsteigender Linie die Vorfahren, und in absteigender Linie deren Nachkommen. Sobald die Beschreibung der Zusammenhänge über die reine Darstellung der Abstammung hinausgeht, spricht man von „Familiengeschichtsforschung“ – zum Beispiel mit dem Ziel, die Lebensumstände entfernter Vorfahren herauszufinden.

Das Interesse an der Genealogie erwacht meist an der eigenen Familie. Man beginnt mit Fragen an Eltern, Großeltern und Verwandte nach familiären Zusammenhängen und der Herkunft der Vorfahren. Familienbücher, Familienfotos und ein möglicherweise noch vorhandener Ahnenpass liefern weitere Informationen. In einigen Regionen gibt es auch schon seit Jahrzehnten die Tradition der Sterbebildchen oder Totenzettel, die sich hervorragend für die Ahnenforschung eignen, da sie oft neben einem Foto des Verstorbenen auch Geburts- und Sterbedaten sowie weitere Informationen (Namen von Verwandten, Geburtsname, Hinweise auf die Art des Todes) enthalten. Außerdem wird man, insbesondere in den letzten Generationen, auch auf dem Friedhof fündig. Auf den Grabsteinen stehen häufig ebenfalls weitere Daten. Fotos, urkundliche Belege und Dokumente sowie die Biografien und Lebensbilder der Großeltern, Urgroßeltern und weiterer Verwandter sind der Grundstock für eine Familienchronik.

Gaby Klein

Familienforschung ist Sisyphusarbeit, aber spannender als jeder Krimi!

Beispiele für unsere Arbeit

Heinrich Schlapp

Heinrich Schlapp war am 29. September 1862 als Sohn des Landwirts Wilhelm Schlapp und seiner Ehefrau Margarethe, geborene Fortbach, in Mainzlar geboren. 1890 heiratete er die Langenerin Margarethe Elisabeth Breidert und bekam mit ihr zwei Töchter und einen Sohn.

Er besuchte das Lehrerseminar in Friedberg. Direkt vom Seminar kam Heinrich Schlapp 1882 nach Langen. An der Höheren Privatschule war er 35 Jahre als Reallehrer tätig. Er war erster Vorsitzender des evangelischen Kirchengesangsvereins, für den er sich stark engagierte. Er kämpfte im Ersten Weltkrieg. 1917 wurde er mit dem Ritterkreuz zweiter Klasse, Verdienstorden Philipp des Großmütigen ausgezeichnet. Am 30.1.1917 wurde er schließlich in den Ruhestand versetzt. Heinrich Schlapp starb am 5. April 1925 in Langen.

Familie Schlapp

Personenblatt Heinrich Schlapp (PDF, 368 KB)

Heinrich Ludwig Dröll

Heinrich Ludwig Dröll wurde am 8. März 1845 in Langen als Sohn des Johann Georg Heinrich Dröll und seiner Ehefrau Anna Maria (geborene Werner) geboren. 1880 heiratete er die neun Jahre jüngere Anna Maria Kunz aus Frankfurt. Sie hatten drei Töchter. Die Familie wohnte am Lutherplatz 2. Von den Langenern wurde er liebevoll „Dippe-Lui“ genannt.

Heinrich Ludwig Dröll war ein vielseitiger und fortschrittlicher Mann. Am 20. August 1890 eröffnete er ein Geschäft für Lebensmittel, Zigarren und Wein. Vier Jahre später, 1894, wurde das Geschäft an das Frankfurter Lebensmittel-Filialgeschäft Schade & Füllgrabe vermietet, und noch zum Ende des gleichen Jahres wurde, nach dem Anbau eines großen und eines kleinen Saales, im gleichen Hause die „Bayrische Bierhalle“ eröffnet. Dröll war vom Lebensmittel- und Zigarrenhändler zum Restaurantbesitzer geworden. Zur Jahrhundertwende verkaufte er sein Anwesen an die Frankfurter Brauerei Binding, eröffnete aber im Juli des gleichen Jahres im Nachbarhaus Lutherplatz 4 ein Spezialgeschäft für Konfitüren, Lebensmittel, Weine und Spirituosen und gliederte ihm noch eine “Conditorei-Filiale“ an. Er hinterließ seiner Tochter Therese ein Geschäft mit hohem Ansehen.

Von 1877 bis 1894 war Heinrich Ludwig Dröll Bürgermeister. In seiner Amtszeit wurde Langen zur Stadt erhoben (26.8.1883). Außerdem gab es in dieser Periode viele wichtige Neuerungen. Unter anderem wurden mehrere von Straßen gepflastert, die Wasserleitung wurde erweitert und in die Häuser eingeführt, die Höhere Privatschule auf die Stadt übernommen und zur Höheren Bürgerschule ausgebaut. Die neue Stadtkirche entstand, der Kirchplatz wurde infolge der Neubauten von Bezirkssparkasse und Pfarrhaus völlig umgestaltet. Das Amtsgerichtsgebäude, damals Eigentum der Stadt und an den Hessischen Staat vermietet, erhielt eine Erweiterung. Auch die Kirchschneise wurde nach und nach „chaussiert“, also zu einer Straße umgebaut, und sonst noch manches zur Verbesserung und Verschönerung getan, woran heute niemand mehr denkt. (Landschaft Dreieich, Band II 1980-1983, Bericht von Georg Heinrich Görich, S. 20)

Heinrich Ludwig Dröll starb am 19. Juli 1936 in Langen

Heinrich Ludwig Dröll

Sitz der Firma Dröll in Langen

Ahnentafel Heinrich Ludwig Dröll (PDF, 3 MB)

Personenblatt Heinrich Ludwig Dröll (PDF, 366 KB)

Familie Heim

Der Maurer und Fabrikarbeiter Konrad Heim I. kam am 10. Oktober 1868 als Sohn von Weigand Heim III. und seiner vierten Ehefrau, Catharina geborene Siebenborn, in Langen zur Welt. Er war das älteste von fünf Kindern dieser Ehe.
Er selbst heiratete 1893 die aus Dreieichenhain stammende Anna Maria Jost. Im Jahr 1900 wohnte die Familie zur Miete bei Daniel Werner III. in der Bachgasse 5. Dort zogen sie ihre drei Kinder auf. Seit 1897 arbeitete er bei Georg Scherer in der Cognacfabrik. Am 30. August 1927 starb Konrad Heim I.

Personenblatt Konrad Heim I (PDF, 368 KB)

Arthur Neu kam am 18. Juni 1882 in Messel zur Welt. Er besuchte das „Israelitische Institut“ von Dr. Barnass in Pfungstadt und wohnte während seiner Ausbildung bei seiner Tante Sophie Herz, geb. Neu. Seine Eltern Samuel und Babette Neu lebten seit 7.9.1895 in Langen in der Wallstraße 20 im eigenen Haus mit sieben Zimmern. Samuel betrieb eine Pferde- und Lederhandlung. 1913 verlobte sich Arthur in Langen mit Klara May aus Roßdorf. 1914 wurde in Roßdorf die Hochzeit gehalten. Klara May war die Tochter des Viehhändlers Gottschall May und seiner Ehefrau Hannchen geborene Hirsch. Am 13.7.1904 ging Arthur Neu als Metzger nach Karlsruhe. Seit dem 9. März 1909 wohnte er wieder in der Wallstraße 20 in Langen. Arthur Neu übernahm das hier um 1840 von seinem Großvater gegründete Vieh- und Ledergeschäft. Die Familie war sehr fortschrittlich und hatte schon 1909 einen Telefonanschluss. Nach der Heirat meldete sich seine Ehefrau Klara zum 1.5.1914 in Langen an. Bis 1928 wohnte die Familie in der Wallstraße 17. Nach dem Tode seines Vaters im April 1928 zog Arthur Neu mit seiner Frau und Tochter zurück in sein Elternhaus Wallstraße 20.

Mit dem Boykott jüdischer Geschäfte 1933 ging der Umsatz erheblich zurück, gegenüber dem Vorjahr um mehr als 90 Prozent. Die Neu-Isenburger Historikern Heidi Vogel schreibt über den Boykott in Langen: „Schuld an diesen äußerst hohen Einbußen trug ein einzelner nationalsozialistischer Fanatiker, der mit seinem bösartigen Verhalten auch anderen Langener Juden großen Schaden zufügte. Dieser ,alte Kämpfer‘ der NSDAP, Parteimitglied seit 1930 und SA-Mann seit 1933, wohnte in der Nachbarschaft der Neus. Seit dem 1. April 1933 überwachte er den Eingang zum Haus des Arthur Neu und schüchterte die Kaufwilligen soweit ein, dass auch die besten und treuesten Kunden mit der Zeit wegblieben“. (Heidi Fogel, Eine Stadt zwischen Demokratie und Diktatur, 1983) Das Gesamtvermögen der Eheleute belief sich laut Entschädigungsakten auf 28.000 Reichsmark am 1. September 1935. Die ehemals gutgehende Vieh- und Lederhandlung wurde 1937 eingestellt.

Vom November-Pogrom 1938 war die Familie Neu besonders stark betroffen. Bei der Zerstörung der Wohnung der Morgensterns war Peter Sehring der Rädelsführer. „Im Hause der Familie Neu machte er sich einer besonders ruchlosen Tat schuldig … Er zertrümmerte zusammen mit anderen die Wohnungseinrichtung der Neus. Die Gewalttäter zerschlugen das Mobiliar, zerschnitten Kleidungsstücke und Textilien und warfen die Trümmer schließlich in den Hof. Nachdem dies geschehen war, quälte der Hausmeister die damals 78jährige Frau Neu, die allein zu Hause war, mit einem Gartenschlauch und sperrte die völlig durchnässte alte Frau anschließend trotz der kalten Novemberwitterung im Hof in einen Stall ein.“ (Heidi Fogel, Eine Stadt zwischen Demokratie und Diktatur, 1983)

Die Eheleute Neu waren zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Bekannten Selma Blum auf Wohnungssuche in Frankfurt, nur die Mutter von Arthur war zu Hause. Als sie in Frankfurt von den Synagogen-Verbrennungen hörten, fuhren sie sofort nach Langen zurück und befreiten die alte Frau.

Trude Neu, verheiratete Noack, erzählte während ihres Besuches 1983 in Langen: „Am 10. November 1938 war meine 78jährige Großmutter alleine zu Hause. Viele Leute kamen ins Haus und haben alles zertrümmert, haben die Kleider zerschnitten und aus meinem Klavier Feuerholz gemacht, dann alles auf den Hof geworfen. Das Innere des Hauses war ein Trümmerhaufen. Möbel und Geschirr vollständig zertrümmert.“

Die zerstörte Einrichtung und Kleidung hatte einen Zeitwert von über 11.000 RM. Allein um die Trümmer abzufahren, musste die Familie an Philipp Herth 15 RM bezahlen. Die Familie verbrachte die Nacht zunächst bei Bekannten. Als Frau Neu am nächsten Tag versuchte, ihre zertrümmerte Wohnung zu betreten, wurde sie daran gewaltsam gehindert. Bereits im September 1938 mussten die Neus ihr Haus an den Landwirt Johann Friedrich Herth III. und Helene Herth, geb. Seipp, verkaufen. Bürgermeister Göckel zwang sie, „Haus und Garten zu einem Preis herzugeben, der bei der Hälfte des tatsächlichen Wertes lag.“ (Heidi Fogel, Eine Stadt zwischen Demokratie und Diktatur, 1983, S. 210).

Arthur Neu wurde am 13. November 1938 in das KZ Buchenwald eingeliefert (Häftlingsnummer 29968), doch schon vier Wochen später am 10. Dezember wieder entlassen. Am 12.11.1938 meldete sich die Familie nach Frankfurt/M. ab. Sie hatten dort zwei Zimmer mit Küchenbenutzung in der Scheffelstraße 26 bei Frau Vogel gemietet. Letzte Frankfurter Adresse von Arthur Neu war der Reuterweg 44. Zwangsweise mussten sie die „Dego-Abgabe“ in Höhe von 3.380 Reichsmark entrichten.

Als „Dego-Abgabe“ wurde die bei der Auswanderung zu leistenden Gebühr an die Deutsche Golddiskontbank bezeichnet; sie wurde erhoben für transferiertes Geld und später auch für Umzugsgut. Sie betrug bereits im August 1934 65 Prozent der transferierten Gesamtsumme, stieg bis Oktober 1936 auf 81 Prozent und bis Juni 1938 auf 90 Prozent. Ab September 1939 betrug der Abschlag durchgängig 96 Prozent. Ab 1.1.1939 wurde auch die Mitnahme von Umzugsgut eingeschränkt. Nur zum persönlichen Gebrauch unbedingt erforderliche Gegen-stände durften noch mitgenommen werden. Jeder, der auswandern wollte, musste vorher um Genehmigung nachsuchen und zu diesem Zweck alle auszuführenden Sachen in einem „Umzugsgutverzeichnis“ auflisten. Die Mitnahmegenehmigung wurde nur erteilt, wenn zuvor ein Betrag in Höhe des Anschaffungswertes für so-genannten Neubesitz (Sachen, die nach dem 31.12.1932 angeschafft waren) an die Deutsche Golddiskontbank überwiesen worden war. In Einzelfällen konnte die Abgabe bis zu 300 Prozent betragen.

Arthur Neu flüchtete im Mai 1939 in das Exil nach Belgien, seine Frau folgte ihm am 1. September 1939 mit dem letzten möglichen Zug. Für die Einwanderungsvisa mussten sie je 50 RM zahlen und bei der Einreise wurde ein weiterer Betrag von 4.000 belgischen Francs fällig. Die geplante Emigration der Familie in die USA scheiterte, weil die Eheleute wegen der überstürzten Flucht nach Belgien die von Deutschland abgehenden Schiffspassagen nicht mehr nutzen konnten. Dadurch hatten sie schon 759,95 RM für die Schiffskarten verloren. Die nach dem Pogrom neu angeschafften Möbel wurden von den Nazis beschlagnahmt, was einen weiteren Verlust von fast 6.000 RM ausmachte.

Im Mai 1940 wurde Arthur Neu in das französische Internierungslager Gurs verschleppt. Arthur schrieb seiner Frau noch Briefe. Daraus konnte sie entnehmen, dass er Hunger hatte. Laut „Gedenkbuch“ starb er am 25. Dezember 1940, laut Gemeinderegister Gurs und Internationalem Suchdienst bereits am 15. Dezember 1940 im Alter von 58 Jahren im Hospital des Lagers. Klara Neu versuchte zunächst vergeblich, nach Frankreich zu fliehen. Als 1942 in Belgien die Deportationen begannen, lebte sie zwei Jahre in der Illegalität. Erst 1946 gelang es ihr, in die USA zu emigrieren.

In einer eidesstattlichen Erklärung schrieb sie: „Nach meiner Auswanderung aus Deutschland habe ich zunächst in Morlanwelz in Belgien gelebt. Von dort siedelte ich zusammen mit meinem Ehemann im April 1940 nach Brüssel über. Nach der Deportierung meines Ehemannes und nach dem Einmarsch der Deutschen in Belgien versuchte ich, nach Frankreich zu flüchten. Ich gelangte aber nur bis zur Grenze und musste dann nach Brüssel zurückkehren. Bei diesem Fluchtversuch wurde ich von belgischen Soldaten verhaftet, die glaubten, dass ich eine Schmugglerin oder Spionin sei, und die mich mit Erschießen bedrohten. Erst als ich sie überzeugte, dass ich lediglich vor den Nazis fliehen wollte, ließen sie mich frei. Nach meiner Rückkehr nach Brüssel habe ich dann bis August 1942 in einem Zimmer in der Rue Emanuel Hill gewohnt. Um jene Zeit begann die Deportierung der Juden nach dem Osten. Auch ich erhielt im August 1942 von der Gestapo den Befehl, mich zum Transport einzufinden. Anstatt diesem Gestellungsbefehl Folge zu leisten, flüchtete ich in die Illegalität. Es gelang mir, bei einer Frau Mordant, Rue de Vondel 19, Unterschlupf zu finden. Dort lebte ich in einem kleinen Zimmer, in dem sich nur ein ganz kleines Fenster befand. Da ich in ständiger Gefahr war, entdeckt zu werden, wagte ich mich am Tage niemals aus dem Hause heraus, nur in der Nacht ging ich, wenn ich einen Arzt aufsuchen musste, auf die Straße. Ich war infolgedessen von der Umwelt völlig abgeschlossen und hatte keinen Kontakt zu anderen Menschen. Von meiner Verbergerin wurde ich nur kärglich mit Lebensmitteln versehen, da sie selbst nicht viel hatte und infolgedessen mir nur das, was etwa von ihr erübrigt werden konnte, abgeben konnte. Da ich außerdem aus religiösen Gründen nur koschere Nahrung zu mir nahm, habe ich praktisch in den Jahren, in denen ich so versteckt lebte, nur von Weißkohl, Rüben und gelegentlich Brot gelebt.

Während meines Aufenthalts bei Frau Mordant fanden wiederholt Razzien auf Juden statt. Soweit ich hiervon vorher erfuhr, versteckte ich mich bei einer anderen Frau namens Marie Crokaert, die mich in ihrer Wohnung verborgen hielt, und bei der ich dann auf einem Bügeltisch schlief. Oftmals musste ich auch, um der drohenden Verhaftung zu entgehen, mehrere Tage lang mich im Keller des Hauses verstecken, in dem diese Frau Marie Crokaert wohnte. Mehrere Male gelang es mir nicht, die Wohnung der Frau Mordant vor der Durchsuchung zu verlassen, und ich habe mich dann, manches Mal mehrere Stunden hindurch, in einem eingebauten Schrank versteckt gehalten, vor den Frau Mordant einen anderen Schrank schob.

In der Zeit vom 7. Juni 1942 bis zu meiner Flucht in die Illegalität im August 1942 habe ich an meiner Kleidung den Judenstern getragen“.

Klara Neu emigrierte von Le Havre aus mit der „SS Marine Flasher“ nach New York. Das Schiff fuhr am 5. Juli 1946 von Bremen ab über Le Havre, wo Klara Neu zustieg. Sie erreichte am 15. Juli 1946 den Hafen von New York, wo sie im April 1967 starb. Tochter Doris Trude war am 29.05.1920 in Frankfurt/M. geboren. Sie wuchs in der Wallstraße 20 auf. 1931 war sie beim Kinderturnen im Verein „Vorwärts 1898“ bei einem Wettkampf die siebte des Jahrgangs 1921 u. früher.

Trude war gelernte Kontoristin. Sie wanderte am 19. Oktober 1937 nach New York aus und kam dort am 11.11.1937 mit der „S.S. Washington“ an. Sie wohnte in der 5701 Tilden Avenue. In der Langener Zeitung erzählte sie 1983: „Wir waren erst Deutsche, dann Juden, wie andere katholisch oder evangelisch waren … Und über Nacht hatten wir dann das Gefühl, das wir keine Deutschen mehr waren … Wegen Hitler musste ich die Schule in der Untertertia verlassen. Niemand durfte mit uns sprechen, sie hatten alle Angst. Man muss den Unterschied sehen zwischen denen, die uns gehasst haben, und denen, die Angst hatten.“ „An einem Sonntag war ich in New York angekommen, am Montag fing ich an zu arbeiten, als Dienstmädchen, obwohl ich davon keine Ahnung hatte. Ich war ja erst zwanzig Jahre alt und ganz allein.“ Am 3.4.1945 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie wohnte zu dieser Zeit in 921 Montgomery Street, Brooklyn, N. Y.

Trude arbeitete bis 1973 im Verkauf. Als ihre Mutter, der sie die Überfahrt von Le Havre nach New York bezahlt hatte, zu ihr in die USA kam, arbeitete diese mit und häkelte Handschuhe. Um ein Heim zu haben, heiratete Trude einen deutschstämmigen Juden, doch die Ehe hielt nicht. Nach ihrer Scheidung heiratete sie einen Nichtjuden.

August Sulzmann wurde am 29. Februar 1859 in Langen geboren. Die Eltern waren der Kappenmacher Jakob Sulzmann und dessen Ehefrau Katharine geborene Noll. 1882 heiratete August die 1862 geborene Gertrude Elisabeth Rodner. Sie bekamen fünf Kinder. Um die Familie zu ernähren, arbeitete er als Maurer, Bahnarbeiter, Schuhmacher und Landwirt. 1886 entschloss sich August Sulzmann, Deutschland zu verlassen und nach Amerika zu gehen. Um sich zu versichern, dass die Familie dort überleben konnte, wollte er vorerst alleine reisen und seine Familie später nachholen oder wieder zurückkommen. Was er in Amerika angetroffen hatte, schien im gefallen zu haben. Am 16. Juni 1888 kam seine Frau mit den Kindern Johann, Jacob, Christoph, Elisabeth Marie und Katharina Magdalena auf dem Schiff „Saale“ von Bremen über Southampton in New York an. Vorerst blieb die Familie in Staten Island, New York. Hier kam im März 1891 Sohn August zur Welt. Von hier zogen sie in das zehn Meilen entfernte Perth Amboy, New Jersey. Am 18. September 1894 kam dort Sohn Henry zur Welt und 1897 Tochter Elsie. Tochter Elisabeth Marie, genannt Elsie, stirbt im Alter von zehn Jahren und fünf Monaten am 19. Dezember 1896.

Im Jahr 1900 wohnte die Familie schließlich in Newark Bezirk 14. Vater August Sulzmann arbeitete als Feuerwehrmann in einer Brauerei. Die Kinder wohnten alle noch zu Hause bei den Eltern. Die Großen arbeiteten, die Kleinen gingen zur Schule. John war als Metzgereigehilfe tätig, Jack war Trapezakrobat und Christ war als Lehrling bei einem Juwelier. Zehn Jahre später wohnten August und Gertrud mit den Kindern Jacob, August, Henry und Elsie in einem gemieteten Haus in Newark Bezirk 7, Howard Street. Vater August arbeitete inzwischen als Ingenieur und Sohn August war jetzt Fotograf. 1912 beantragte Gertrud einen Reisepass, der am 12.4.1912 ausgestellt wurde. Sie besuchte ihre alte Heimat Langen.

Am 9.8.1912 berichtete das Langener Wochenblatt von ihrem Besuch in Langen. Am 16.9.1912 traf sie auf der „Prince Friedrich Wilhelm“ von Bremen kommend wieder in New York ein. 1920 wohnte die Familie in der Sterling Street zur Miete. Vater August arbeitete nun als Dampf-Ingenieur. Von den Kindern lebte nur noch Jacob Sulzmann bei den Eltern.

August Sulzmann starb 1930 und die Witwe kaufte um 1935 ein Haus in der Hughes Street 9 in Maplewood, Essex, New Jersey. Das Haus hatte einen Wert von 9000 $. Sie besaßen kein Radio. Bei ihr wohnte Sohn August mit seiner Frau Leona und der 14-jährigen Tochter Dorothy. 1940 wohnte sie noch immer im selben Haus, doch nun zur Miete und zahlte monatlich 49 $. Von ihren Kindern lebten jetzt wieder Jack, Christopher und Henry mit seiner Ehefrau Josephine mit im Haus. Am 24. August 1950 stirbt Gertrud Sulzmann in Maplewood.

 

New York heute

 

Langener Zeitung vom 3.9.1950:

„Fern der Heimat gestorben.

Aus Irvington (USA) erreichte uns ein Brief unseres Landsmannes August Freitag, in dem er uns mitteilte, dass in Maplewood im Staate New Jersey Frau Gertrude Sulzmann gestorben ist. Sie war wohl die älteste Langenerin, die im Ausland lebte und jüngste Tochter des verstorbenen Küfers Rodner aus dem Leukertsweg.
Frau Sulzmann erreichte das gesegnete Alter von beinahe 88 Jahren. Sie wird von 4 Söhnen und einer Tochter betrauert, ein Sohn August und eine Tochter Gertrude gingen ihr im Tode voraus. Von ihren Kindern überlebten sie der 70jährige John, der bereits Urgroßvater ist, Jake 67, Christoph 65, Henry 55 und Elsie, verehelichte Armstrong, 53 Jahre alt. Im Hause von Frau Armstrong ist Gertrude Sulzmann am Weihnachtsabend gestorben. Sie besaß einen urwüchsigen Humor und die gesamte Nachbarschaft verehrte sie als „die Mutter“. Mit diesem Ehrennamen wurde sie von jedermann, auch von den Nichtdeutschsprechenden, begrüßt. Ihr Ehemann August Sulzmann ist bereits vor 20 Jahren gestorben. Ihre Schlagfertigkeit mag sie von ihrem Vater geerbt haben, von dem man sich noch eine Anekdote erzählt, zu der er vor über 50 Jahren den Anlass gab. Als der nun längst verstorbene Landsmann Jack Scherer Vater Rodner, auf dessen dicken Bauch deutend, fragte, was denn in dem Fass sei, antwortete er: „Herr Scherer, da müssen Sie mal am Spundloch riechen.“

Johannes/John Sulzmann war in Langen am 3. Juli 1880 geboren. Mit 8 Jahren wanderte er mit seiner Mutter und den Geschwistern nach Amerika aus. Mit 20 Jahren arbeitete er als Metzgergehilfe. Er war mit einer Adaline verheiratet und hatte scheinbar keine Kinder. 1905 war er Brauer in einer Brauerei. Auf seiner Einzugsregisterkarte vom ersten Weltkrieg ist vermerkt: Wohnort: Newark, Beruf Automobilfahrer. 1940 wohnte er in der 174 22th Str., Irvington, New Jersey und arbeitete bei Hensler Brewing Co., in 73 Wilson Ave, Newark wieder als Brauer. Er starb am 10. Oktober 1968 in Trenton, Mercer, New Jersey.

Jakob/Jack/Jake Sulzmann, geboren am 18.9.1883 in Langen, war fünf Jahre alt, als er nach Amerika kam. 1900 war er als Trapezakrobat in einem Theater angestellt. 1905 arbeitete er als Juwelier. 1910 war er 26 Jahre alt und Single. Obwohl er nicht zur Schule ging, konnte er lesen, schreiben und sprach Englisch.

Auf der Einzugsregisterkarte vom 1. Weltkrieg lautet seine Adresse 22 13th Ave, Newark. Er war noch immer Schauspieler und arbeitete bei Morris & Feil am Palace Theatre Building, New York City. Er besaß blaue Augen und hatte braune Haare. Er hatte ein verrenktes Knie. Konnte er deswegen nicht am Krieg teilnehmen? 1920 wart er verheiratet, wohnte aber alleine bei den Eltern im Haus Sterlingstr. 7 in Newark, eine Frau war bei der Volkszählung unter dieser Adresse nicht gemeldet. Er war als professioneller Schauspieler angestellt. Während des Zweiten Weltkriegs wohnte er in der 75 Morris Avenue, Sunnit Union, New Jersey. Die Schauspielerei gab er jedoch auf und arbeitete bei Oxweld Acetylene Co. Jack starb im August 1963 in New Jersey.

Christoph/Christ Sulzmann, am 25.10.1884 in Langen geboren, machte eine Lehre bei einem Juwelier. 1905 heiratete er Amelia Holderith, Tochter des Daniel und der Therese Holderith, geboren im April 1888 in New Jersey. 1910 wohnte er mit seiner Frau Amelia und Sohn Edmund Chester zur Miete in 194 Smith Street, Attleborough, Bristol, Massachusetts.
Ihr erstes Kind scheint gestorben zu sein. Es wird nur Edmund genannt, als einziges überlebendes von 2 Kindern. Christ arbeitete als Bürstenmacher von Spezialbürsten zum Juwelenbearbeiten. 1920 wohnte das Paar mit dem Sohn in 616 So 20th Str. in Newark zur Miete. Christ arbeitete jetzt als Maschinist bei Chain MFG. Er starb am 28. Mai 1971 in North Palm Beach, Florida.

Katharina Magdalena/Kätchen/Kate Sulzmann, geboren am 3.4.1888 in Langen, war bei der Überfahrt nach Amerika gerade zwei Monate alt. Mit 18 Jahren arbeitete sie als Schneiderin. Zwei Jahre später beantragte sie am 17. April 1908 einen Reisepass. Sie besuchte Europa und kehrte am 20. September 1908 von Rotterdam nach New York zurück.

August Sulzmann Junior wurde am 21. März 1891 in Staten Island geboren. Er besuchte die Elementarschule bis zur 8. Klasse. 1910 lebte er als 19-Jähriger noch bei den Eltern, arbeitete aber als selbstständiger Fotograf in einer Galerie.
1920 war er mit Seiner Frau Rose verheiratet und wohnte zur Miete in der Magaro Str. in Newark. Er arbeitete im Schiffsbau als Prüfer und hatte eine Tochter: Dorothy.
Auf der Einzugsregisterkarte zum 1. Weltkrieg wird er als Feuerwehrmann bezeichnet. 1935 wohnte er für 45 Dollar Miete in Irvington, 89 Kura Terrace. August arbeitete nun in einer Eisenhütte. Mit Leona war er in zweiter Ehe verheiratet. 1939 arbeitete er 39 Wochen. Sein Einkommen belief sich damals auf 3000 Dollar. Er scheint noch ein drittes Mal verheiratet gewesen zu sein. 1940 hieß seine Frau Christine und war 1895 in New Jersey geboren. Laut Einzugsregisterkarte für den 2. Weltkrieg lautete seine Adresse 318 10th Avenue, Belman Mon, New Jersey. August Sulzmann Junior stirbt am 6. Mai 1943.
Dorothy Sulzmann, geboren am 5.4.1916 in Massachusetts arbeitete als Kellnerin. 1934 heiratete sie David Robert Wadsworth (geb.1914 Maplewood). Dorothy starb am 1.4.2005.

Henry Sulzmann wurde am 18. September 1894 in Perth Amboy geboren. Er besuchte die Elementarschule bis zur 8. Klasse. Am 26.9.1915 heiratete er in Genesee, Michigan, Mable Jean Schwartz, Tochter der Marie Koerber.

Kinder: Erna Jean (geb. 4.4.1896, gest.13.8.1979, verh. in Carlton Glass, Henry August, Ethel (geb 1917), Erna (geb. 1922), Henry (geb. 1923), Hazel (geb. 1926) und William Edward (geb. 1929). 1916/17 wohnte die Familie in 1708 Minnesota Str., Fint. Henry Sulzmann nahm am 1. Weltkrieg teil. 1920 wohnten Mabel und Henry Sulzmann bei den Schwiegereltern August und Mary Erhart (Schwartz) in der Pagestreet in Flint, Genesee. Henry arbeitete als Maschinist in einer Autofabrik. 1924 wohnten Henry und Mable in 530 Jackson Ave in Flint, 1928 in 229 E Gracelawn Ave in Flint. 1930 saß Henry als Sträfling in der Michigan Strafanstalt in Easton, Ionia, Michigan ein. Mable und Henry wurden geschieden, denn 1940 war er mit einer Josephine verheiratet und wohnte mit ihr bei seiner Mutter in Maplewood, Hughes Street 9. Er arbeitete wieder als Maschinist. 1939 hatte er 52 Wochen gearbeitet und ein Einkommen von 1050 Dollar. Er starb im Oktober 1969 in Pompano Beach, Broward, Florida.

Elsie Sulzmann, das achte und letzte Kind von August und Gertrud Sulzmann, wurde im Januar 1896 in Perth Amboy geboren. Auch sie besuchte die Elementarschule bis zur 8. Klasse. Elsie heiratete 1916 den Farmer und Elektriker Albert Garthore Armstrong (geb. 1.7.1897 Simcoe, Ontario, Canada, verst. 24.1.1977 Los Angeles). 1920 wohnten sie und die Kinder Albert George und Robert George in der Arvenne Terrace, Irvington, Essex. Dorothy, die 9jährige Tochter von Elsies Bruder August lebt bei ihnen. 1930 wohnten sie in der Harding Street, Maplewood, Essex, 1932 in Orange, New Jersey, 1940 in 37 Crestview Av., Union, New Jersey. Elsie war selbstständige Köchin. 1942 wohnen sie in 372 Baydon Ave., Maplewood. Elsie starb am 15. Februar 1985 in East Brunswick, Middlesex, New Jersey.

Der Schreinermeister Friedrich Bärenz II. und seine Ehefrau Maria Margarethe, geborene Jäckel, hatten sieben Kinder. Zwei Töchter starben im Kindesalter. Der älteste Sohn Karl Bärenz heiratete in Langen und arbeitete ebenfalls als Schreinermeister hier.

Der zweite Sohn, Wilhelm Bärenz, war am 28. August 1865 in Langen geboren und erlernte wie Vater und Bruder das Tischlerhandwerk. Mit 17 Jahren machte er sich auf den Weg in die „Neue Welt“. Gemeinsam mit der Familie Philipp Seipp aus dem Schulgäßchen 8 und dem gleichaltrigen Joseph Sehring schiffte er sich am 9. August 1882 in Hamburg auf dem Dampfschiff „Gellert“ unter Kapitän Kühlewein ein. Im Zwischendeck ging es über Le Havre nach New York, wo die „Gellert“ am 24. August 1882 ankam. Nach dem Aufnahmeprozedere in Castle Garden machte er sich auf den knapp 800 Meilen weiten Weg nach Chicago in Illinois.

Am 12. Dezember 1887 heiratete er in Chicago die drei Jahre ältere Bertha Goehst. Sie wohnen zusammen in der Greenstreet 6010. Ein Jahr später am 10. Oktober 1888 erhielt William Barenz die amerikanische Staatsangehörigkeit. Im Jahr 1900 arbeitete er als Elektriker und wohnte mit seiner Frau in der Indiana Avenue 3417 in Chicago.

1906 beabsichtigte er, zum ersten Mal seine Heimat wieder zu besuchen. Er beantragte einen Reisepass, den er im Mai 1906 erhielt und kurz darauf tritt er die Reise an. Sein Vater war 1903 gestorben und zwei seiner Brüder lebten inzwischen ebenfalls in Amerika, so konnte er nur seinen älteren Bruder Karl und die alten Schulkollegen besuchen.

Im Langener Wochenblatt vom 16.6.1906 wird zu seiner Abschiedsfeier eingeladen: Bärenz, Wilhelm, seit 24 Jahren in Amerika, Abschiedsfeier im Rebstock (Conte) 1865er für Wilhelm Bärenz.

Am 19.08.1906 verkündete das Langener Wochenblatt: Herr Hoelscher hat die Kameraden des zu Besuch hier weilenden Herrn Wilh. Bärenz aus Amerika photographisch aufgenommen. Das Bild ist sehr schön ausgefallen und ist in dem Erker der Möbelhandlung von Karl Bärenz, Wassergasse ausgestellt. Am Samstag Abend gelegentlich der Abschiedsfeier bei Herrn Conte wird dasselbe dem zu Besuch hier Weilenden überreicht. Das Bild kann als eine hervorragende Leistung des Herrn Hoelscher betrachtet werden.

Am 30. August fährt Wilhelm Bärenz ab Cuxhaven über Cherbourg und Southampton in der 2. Klasse auf dem Dampfschiff „Kaiserin Augusta Victoria“ der Hamburg‒Amerika Linie zurück nach New York wo er am 8. September 1906 ankommt. Bei der Volkszählung im Jahr 1920 wohnen William und Bertha Barenz (der Name wurde dem Englischen angepasst) im eigenen Haus am 62. Place Nr. 3542 in Chicago. Wilhelm arbeitet für Lohn und das Haus ist mit einer Hypothek belastet. 1930 stirbt Bertha Barenz. Das Paar war kinderlos. 1940 lebt der Witwer Barenz zur Miete in einem Hotel in Chicago

 

Im Jahr 1890 folgte sein jüngster Bruder Philipp Bärenz Wilhelm nach. Er war am 1.10.1873 in Langen geboren. Seine Einwanderung ist auf den 15.12.1890 datiert. 1897 heiratete er Dinah „Anna“ Gronke. Sie bekommen einen Sohn, William Henry 1897, und zwei Töchter, Katharina 1899 und Emily 1912.

Philipp und Anna Barenz wohnten ca. 20 Minuten Fußweg zu William entfernt, in der Morgan Avenue 6544 in Chicago. 1904 wird auch er zum amerikanischen Staatsbürger. Er unternimmt zwei Schiffsreisen in die Heimat. Am 27. September 1928 fährt er mit dem Segelschiff „München“ von Bremen nach New York zurück, wo er am 7. Oktober 1928 ankommt. Im Jahr 1937 reiste er vom 20. bis 27. September auf der „SS Europa“ von Bremen nach New York. Philipp arbeitete als Elektriker bei Commonwealth Edison, dem damals größten Energieversorger von Illinois. 1930 ist er laut Volkszählung Besitzer eines Hauses im Wert von 1000 Dollar und besitzt ein Radio. Am 26.12.1957 stirbt Anna Barenz, ein Jahr später im Oktober 1958 stirbt auch Philipp Barenz.

 

Als dritter und letzter Sohn von Friedrich Bärenz zieht es auch Johann Heinrich (Henry) Bärenz, geboren am 18. August 1867 in Langen, zu seinen Brüdern Wilhelm (William) und Philipp nach Amerika. Am 29. Oktober 1891 kam er von Bremen mit dem Dreimaster „Havel“ über Southampton in New York an. Auch er reiste weiter nach Illinois um sich in Chicago niederzulassen und wird im Oktober 1896 amerikanischer Staatsbürger.

1899 am 11. Februar heiratete er in Chicago May Schrack aus Stockheim. Die beiden hatten zwei Söhne, Henry geboren 1901 und Frederick Otto, geboren 1907. Er arbeitete in Chicago als selbstständiger Fleisch‒Großhändler und besaß in der South Morgan Street 6425 ein unbelastetes Haus, nicht weit von seinen Brüdern entfernt. Anfangs wohnte seine Schwägerin Tony Schrack mit im Haus.

1904 war er wohl zum ersten Mal wieder in Deutschland zu Besuch. Er reiste vom 21. September 1904 von Cuxhaven über Hamburg, Cherbourg und Dover auf dem Dampfschiff „Deutschland“ nach New York zurück. Am 1. Juli 1923 beantragt Henry einen Reisepass für sich, seine Frau und Sohn Fred um nach Deutschland zu reisen. Sohn Henry wird nicht erwähnt. Im Juli kam die Familie Bärenz aus Chicago in Langen an.

 

Das Langener Wochenblatt berichtete am 3.8.1923: „Zur Zeit weilt wiederum Besuch aus Amerika in unserer Stadt. Herr Heinrich Bärenz von hier, der im Jahre 1891 nach Amerika auswanderte, ist mit seiner Familie bei seinen Verwandten eingetroffen. Er benutzte diese Gelegenheit zur Linderung der Not in seiner Vaterstadt sein Scherflein beizutragen und stiftete für die Bedrängten 35 Millionen Mark. Herzlichen Dank dem edlen Spender.“

Was sich hier wie eine riesige Geldsumme liest, dürfte in Wirklichkeit nur wenig wert gewesen sein. Die Inflation war mitten im Gange. Nicht nur für Langen war Henry Bärenz ein großer Spender. Während seines Aufenthalts in Deutschland besuchte er mit seiner Frau auch deren Heimatort Stockheim bei Kronach und spendete dort großzügig 50 Dollar zur Anschaffung einer neuen Orgel.

Der Zaber-Bote: „Diese Stiftung ist sehr zu begrüßen, da die alte Orgel ihren seit Jahrhunderten versehenen Dienst nicht mehr so recht verrichten kann, zumal sie durch den Krieg ihrer wertvollen Zinnpfeifen beraubt wurde. Die Neuanschaffung macht trotz der großen Spende noch viele Sorge, wenn man bedenkt, daß eine neue Orgel mit 10 Registern heute 1000 Goldmark kostet. Immerhin ist ein Grund gelegt, auf den weiter gebaut werden muß. Würden alle hiesigen Amerikaner nur einen Teil dessen tun, was Herr Bärenz getan hat, so wäre die Kostenfrage gelöst. Herr Bärenz mit Frau hat schon vor zwei Jahren zum Kriegerdenkmal reichlich gestiftet, und die Gemeinde schätzt ihn als ihren großen Wohltäter. Ebenso werden seine Verwandten immer wieder mit Dollars versehen und die Armen der Gemeinde unterstützt. So dürfte es am Platze sein, auch hier an dieser Stelle dem großmütigen Geber herzlichen Dank auszusprechen.“ (Langener Wochenblatt vom 31.8.1923)

Sie fahren mit der „Thuringia“ von Hamburg nach New York zurück und erreichen am 4. Oktober 1923 den Hafen von New York. Bei der Volkszählung 1930 wird das Haus der Familie auf 14.000 Dollar geschätzt und auch sie besitzen ein Radiogerät. Die Sprache in der Familie ist deutsch, jedoch beherrschen alle auch die englische Sprache. Henry Bärenz stirbt am 10. August 1948 in Chicago.

Henry Leo Bärenz jr., geboren am 3. Mai 1900 ist 1940 Single und lebt bei den Eltern in Chicago, 6425 Morgan Street. Auch er ist Fleischwarenhändler. Er stirbt im August 1974 in La Grange, Cook County.

Frederick Otto, geboren am 23. August 1907 in Chicago ist wie sein Vater und Bruder selbstständiger Fleischgroßhändler. Er ist mit Elizabeth Rose Schulz (1914 ‒ 2007) verheiratet. Am zweiten Weltkrieg nimmt er Teil. Er stirbt am 4. Januar 1984 in Los Angeles.

So entstand die Familienforschung des VVV - Gaby Klein erinnert sich

1996 veröffentlichte Gretel Werner das „Langener Familienbuch“. Darin sind alle lutherischen Familien, die in der Zeit von 1650 bis 1875 in Langen lebten, enthalten. Leider hörten die Daten im Jahr 1875 auf und so fehlte vielen Langenern Verbindungslinien zu ihrer eigenen Familie. Gemeinsam mit Gerda Werner und Maritta Heyder begannen Gretel Werner und ich mit der Fortsetzung des Buches bis 1910. Bis hin zu den Großeltern, die in dieser Zeit geboren waren, konnten sich die meisten noch selbst erinnern und die Daten rekonstruieren. Auf diese Weise waren sie in der Lage, ihren Stammbaum zu vervollständigen.

Noch während wir an der Fortsetzung des Familienbuches arbeiteten, bekamen wir durch die damalige Sekretärin des evangelischen Gemeindehauses den Hinweis auf viele lose Dokumente, die im Keller lagen. Wir sichteten und säuberten sie. Seitdem sind wir am Transkribieren und Sortieren. Dadurch fielen uns einzelne Personen oder Familien auf, über die ich gerne mehr erfahren wollte. Im Stadtarchiv unterstützte mich erst Archivar Herbert Bauch, nun sein Nachfolger Heribert Gött. Im Archiv kann man das Langener Wochenblatt einsehen, es gibt verschiedene Personenakten, die Geburten-, Trau- und Sterbebücher des Standesamtes, die Judenmatrikel, Melderegister, Adressbücher, Steuerlisten, Brandkataster und vieles mehr.

Eine große Hilfe sind die Kirchenbücher im Kirchenarchiv. Sie enthalten Tauf-, Trau- und Beerdigungsregister für Langen von 1652 bis 1900. Für die Recherche über die jüdischen Einwohner von Langen sind im Staatsarchiv in Darmstadt und Wiesbaden Personenakten und Entschädigungsakten vorhanden.

Über die nach Amerika geflohenen Juden kam ich auf das Thema Auswanderer. Von Langen sind zwischen 1840 und 1900 rund 420 Menschen nach Amerika ausgewandert. Bei „Ancestry“, einem Familienforscher-Portal, kann man die Schifflisten einsehen, Volkszählungslisten, Stammbäume von Nachkommen, standesamtliche Geburts-, Trau- und Sterbeurkunden und vieles mehr. Bei jeder Suche tauchen immer wieder neue Fragen auf, so gehen die Themen für die Heimatforschung sicher nicht so schnell aus.

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